Sri Sathya Sais Botschaft an Shivaratri
Der Mensch ist von göttlicher Natur; deshalb sollte er in Gedanken, Wort und Tat die göttlichen Attribute der Liebe, Toleranz, des Mitgefühls und der Menschlichkeit demonstrieren. Gott ist Wahrheit; deshalb muss auch der Mensch in Wahrheit leben. Gott ist Liebe; der Mensch muss ebenfalls in Liebe leben und Zorn vermeiden. Meistert Hass durch Liebe, und Zorn durch liebevolle Toleranz“, sagte Bhagavan in seiner Shivaratriansprache am 5. März 1973.
Folgt dem Pfad der inneren Disziplin
Shivaratri wird in jedem Monat in der 14. Nacht der dunklen Mondhälfte begangen, wenn der Mond, der die über den menschlichen Geist herrschende Gottheit ist, nur noch eine Nacht mehr hat, ehe er zur Nichtwesenheit (Neumond) wird und die Bewegungen des Geistes nicht mehr beeinflussen kann. Die 14. Nacht im Monat Magha wird Mahāshivarātri genannt, denn sie ist noch aus einem anderen Grund heilig: Es ist der Tag, an dem Shiva zum Wohle der Sucher die Form des Lingams annimmt. Man verehrt Shiva in dieser Form, um Weisheit (jnāna) zu erlangen. So wie die Veden raten: Betet zu Shiva um Erleuchtung. Nehmt diesen Tag also nicht auf die leichte Schulter und setzt nicht die Disziplinen, die die Weisen für seine Feier vorgeschrieben haben – wie Fasten und Nachtwache und ununterbrochenes Rezitieren des Gottesnamens – herab, indem ihr sie als ein Routineritual oder eine Gelegenheit für ein Picknick, Gelage, Rivalität oder künstlichen Spaß betrachtet. Kontempliert an diesem Tag und in dieser Nacht das Atmalinga (das elliptische Idol, das aus Shiva als sein Symbol hervorgeht) und das Jyotirlinga (Symbol des höchsten Lichtes der Weisheit) und seid überzeugt, dass Shiva sich in jedem von euch befindet. Lasst diese Vision euer inneres Bewusstsein erleuchten.
Nährt den Geist mit guten Gedanken
Um die heranreifende Ernte zu schützen ist ein Zaun notwendig; aber wenn keine Ernte heranwächst, warum sollte man dann Zeit und Geld für einen Zaun aufwenden? Eine Orange wird, um sie vor zu frühem Verzehr zu schützen, durch eine Schale bedeckt, die nicht sehr schmackhaft ist. Das äußere Ritual wird vorgeschrieben um zu verhindern, dass die innere Botschaft verfälscht wird. Wie alle anderen heiligen Tage im Hindu – und anderen religiösen Kalendern umfasst auch Shivaratri viele solche äußeren zeremoniellen Rituale und einen tiefen Kern an innerer Bedeutung. Aber die menschliche Natur bevorzugt den leichteren Weg der äußeren Formalität gegenüber dem Pfad der inneren Disziplin und der direkten Erfahrung.
An diesem Tag sucht man Shivatempel auf, arrangiert die Verehrung der Shivalingas durch Priester, die Krüge voll geheiligtem Wasser über geweihte Idole gießen, man fastet, hält Nachtwache und führt derlei Aktivitäten durch. Aber diese sind für den wahren Sinn des Festes nicht wirklich relevant. Man braucht kein ganzes Jahr zu warten, um diese Riten und Gelübde zu erfüllen, und man braucht nicht den Astrologen und seinen Kalender mit den heiligen Tagen zu konsultieren. Wenn der Mensch viermal am Tag Nahrung zu sich nimmt, damit sein Körper effizient funktioniert, ist es dann zu viel verlangt, wenn man den Menschen aufruft, den Geist wenigstens einmal am Tag mit guten Gedanken und göttlichen Handlungen zu nähren? Der Geist braucht ebenfalls reines, nahrhaftes Essen.
Shiva ist ganz Gnade und immer segensreich
Shiva bedeutet Gnade und Segen (mangala). Er ist ganz Gnade und immer segensreich (sarvamangala). Aus diesem Grund wird der Beiname Sri, der für diese Qualitäten steht, nicht vor die Namen Shiva, Shankara, Ishvara etc. gesetzt. Er wird vor die Namen der Avatare gesetzt, denn sie haben für einen spezifischen Zweck vergängliche Körper angenommen. Sie müssen durch diesen Beinamen von anderen Menschen unterschieden werden. Aber Shiva ist auf immer gnädig und segensreich (mangala) und deshalb ist diese Bezeichnung überflüssig. Shiva wird als Lehrer der Lehrer, Dakshināmūrti, verehrt. Shivas Gestalt selbst ist bereits eine große Lektion in Toleranz und Duldsamkeit.
Er hält das Gift Hālahala in seiner Kehle; sein Haupt ist mit dem segensreichen Mond, den alle willkommen heißen, geziert. Es ist eine Lektion für den Menschen, alle schädlichen Tendenzen von anderen fernzuhalten und alle nützlichen Tendenzen, die einem zur Verfügung stehen, zum Wohle der anderen einzusetzen. Wenn man die eigenen Fähigkeiten für das eigene Fortkommen einsetzt und die eigenen üblen Eigenschaften dazu verwendet, andere abzuwerten, schlägt man nur den Weg zum eigenen Ruin ein.
Der Mensch ist von göttlicher Natur; deshalb sollte er in Gedanken, Wort und Tat die göttlichen Attribute der Liebe, Toleranz, des Mitgefühls und der Menschlichkeit demonstrieren. Gott ist Wahrheit; deshalb muss auch der Mensch in Wahrheit leben. Gott ist Liebe; der Mensch muss ebenfalls in Liebe leben und Zorn vermeiden. Meistert Hass durch Liebe, und Zorn durch liebevolle Toleranz.
Liebt alle Wesen – das genügt. Liebt ohne Erwartung einer Gegenleistung; liebt um der Liebe willen; liebt, weil euer Wesen selbst Liebe ist; liebt, weil das die Form der Verehrung ist, die ihr kennt und mögt. Wenn andere glücklich sind, dann seid ebenfalls glücklich. Wenn andere leiden, dann versucht, ihr Los nach besten Kräften zu erleichtern. Praktiziert Liebe durch selbstloses Dienen. Durch diese Methode werdet ihr die Einheit erkennen und euch von dem schädlichen Ego befreien.
– Ansprache in Brindavan, Whitefield (Bangalore) am 5. März 1973
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