Sanathana Sarathi 7/2021. Sri Sathya Sai Baba, Kodaikanal, 5. April 1996
Im menschlichen Herzen sollte Güte aufblühen
Weltliches Glück wird Santosha genannt, was kurzlebiges Glück bedeutet. Wenn ihr zum Beispiel hungrig seid, verspeist ihr zwei Scheiben Brot und stillt so euren Hunger. Aber schon nach zwei Stunden verspürt ihr wieder Hunger. Also war das Glücksgefühl,welches ihr durch das Essen bekamt, nur kurzlebig. Es war kein dauerhaftes Glück.
Betrachtet Prüfungen in eurem Leben als Gelegenheiten zur Transformation
Dauerhaftes Glück kommt aus dem Herzen und nicht aus dem Kopf. Das höchste Ziel des Lebens besteht darin, Glück aus dem Herzen zu schöpfen. Das Wort „Hridaya“ besteht aus zwei Silben, „hri“ und „dayā“, was Mitgefühl oder Güte bedeutet. Das spirituelle Herz (hridaya) ist voller Mitgefühl und Güte. Im menschlichen Herzen sollte die Güte heranwachsen und aufblühen. Deshalb heißt es: Der Mensch sollte den Menschen erforschen.
Ein Herz, das rein und voller Güte ist, ist Gottes Altar. Gott ist der göttliche Magnet, der reine Herzen an sich zieht. So wie ein Magnet die Kraft besitzt, Eisen an sich zu ziehen, ist Gott der machtvolle Magnet, der jene an sich zieht, die ein reines Herz haben. Der Magnet kann jedoch nicht Eisenstücke an sich ziehen, die mit Staub und Rost bedeckt sind, der sich auf ihnen angesammelt hat. Genauso sind schlechte Gesellschaft, schlechtes Gerede und schlechte Handlungen gleichsam der Staub und Rost auf eurem Herzen, was dazu führt, dass es Gottes Gnade nicht aufsich ziehen kann.
Gott gibt dem Menschen Prüfungen, um ihn zu reformieren und weiter zu bringen. Deshalb sollten wir Prüfungen willkommen heißen, denn sie sind das Mittel, das uns weiterbringt. Ein Schüler muss eine Prüfung bestehen, um in die nächste Klasse versetzt zu werden. Auch wenn man sich um eine Anstellung bewirbt, muss man eine Prüfung ablegen. Also sind Prüfungen im Leben gute Gelegenheiten für unsere Transformation und unseren Fortschritt. Deshalb sollte der Mensch allen Prüfungen und Herausforderungen im Leben mutig begegnen.
Das Leben ist eine Herausforderung, nehmt sie an.
Das Leben ist ein Spiel, spielt es.
Das Leben ist ein Traum, erkennt es.
Das Leben ist Freude, teilt sie.
Als Mensch geboren zu sein ist eine kostbare und seltene Gelegenheit. Wir sind gesegnet, ein Leben als Mensch bekommen zu haben. Es ist deshalb sehr wichtig, dass wir unser Leben auf eine heilige Weise nutzen, indem wir unser Herz reinigen und von Zorn und Ärger befreien. Der Mensch begeht viele Fehler, weil er keine Kontrolle über seinen Zorn hat. Zorn ist eine tierische Eigenschaft, keine menschliche. Wenn euch Zorn überkommt, dann begebt euch an einen stillen Platz und wiederholt zehn Mal: „Ich bin kein Hund, ich bin ein Mensch.“ Wenn euch Verwirrung übermannt dann wiederholt: „Ich bin ein Mensch und kein Affe.“ Wenn ihr in die Versuchung geratet zu betrügen, dann sagt wiederholt: „Ich bin ein Mensch und kein Schakal.“
Die Ausländer die hierherkommen sind gute Devotees, aber sie haben einige Schwächen. Sie verschwenden ihr Geld für unnütze Dinge. Sie haben zu viele Bekannte und machen zu viele Besuche von Haus zu Haus.
Folgt Gott und hütet eure göttlichen Eigenschaften
Der menschliche Körper gleicht einem Haus, in dem die Sinne die Fenster sind und der Mund das Haupteingangstor. Haltet dieses Haus sauber. Lasst nicht zu, dass tierische Eigenschaften durch die Fenster oder das Haupttor ins Haus eindringen. Folgt nicht jenen, die sich in Sinnesfreuden ergehen und es zulassen, dass sich schlechte Eigenschaften in ihnen einnisten. Folgt Gott und hütet eure göttlichen Eigenschaften. Aber leider heißt der Mensch heutzutage schlechte Eigenschaften willkommen und ignoriert Gottes Weisungen. Singt Ramas heiligen Namen. Wenn ihr den Namen Rama rezitiert, öffnet ihr,während ihr „ra“ sagt,euren Mund. Im selben Augenblick sollten euch alle schlechten Eigenschaften verlassen. Wenn ihr „ma“ sagt und dabei euren Mund schließt, sollte Gott eingetreten sein und auf immer in eurem Herzen bleiben. Verankert Gott auf dem Altar eures Herzens und entwickelt Liebe zu Gott. Weltliche Liebe ist keine wahre Liebe; sie ist Anhaftung. Beispielsweise ist die Liebe zwischen Ehemann und Ehefrau Anhaftung. Weltliche Liebe kommt und geht, spirituelle Liebe hingegen kommt und wächst. Befolgt bis zum letzten Atemzug Gottes Weisungen.
Wahre Hingabe bringt euch Gottes Gnade
Es gab einmal einen Kuhhirten namens Madhukar. Als er eines Tages in der Nähe eines Flusses seine Kühe weiden ließ, sah er einen Brahmanen, der dasMantra„Om NamoNarayanaya“ wiederholte. Der Hirtenjunge beobachtete den Brahmanen,konnte aber nicht verstehen, was dieser da tat. Nach einiger Zeit näherte sich der Junge dem Brahmanen und fragte ihn, was er da täte. Der Brahmane erklärte ihm, er verehreNarayana, denn er wolle ihn erfreuen und seinenDarshan (Anblick)erhalten. Da wunderte der Junge sich: „Wie sieht Gott aus? Auf Bildern habe ich Shiva auf einem Stier und Vishnu auf einem Adler sitzend gesehen.“
Der unschuldige Junge glaubte den Worten des Brahmanen und wollte Gott sehen. Also begann er voller Glauben dasMantra zu wiederholen, um Gott zu schauen. Wo beständiger Glaube ist, dort ist Erfolg. Als Narayana den starken Glauben des unschuldigen Jungen sah, erschien er vor ihm. Der Junge fragte ihn: „Wer bist du?“ Der Herr erwiderte: „Ich bin Narayana.“ Daraufhin sagte der Junge: „Da bin ich mir nicht so sicher, weil ich dich nie zuvor gesehen habe. Ich werde den Brahmanen holen, um dich zu identifizieren.“ Daraufhin band er Narayana an einem Baum fest, damit dieser nicht weglaufen könne, und rannte los, um denBrahmanen zu holen. Der Herr war hocherfreut über die Unschuld und Hingabe des Jungen. Aber als der Junge dem Brahmanen alles erzählte, glaubte dieser ihm kein Wort. Der Glaube des Brahmanen war künstlich, wohingegen der Glaube des Jungen aus dem Herzen kam. Da der Junge darauf bestand, begleitete der Brahmane ihn zu dem Platz, wo der Junge den Herrn festgebunden hatte. Der Junge zeigte auf den Herrn und sagte: „Sieh, da ist er!“ Aber der Brahmane konnte den Herrn nicht sehen und glaubte dem Jungen nicht. Der Junge fragte den Herrn: „Warum kann der Brahmane dich nicht sehen?“ Der Herr antwortete, der Glaube des Brahmanen sei nicht stark genug. Da bat der Junge den Herrn: „Zeige dich wenigstens um meinetwillen dem Brahmanen.“ Weil dieHingabe des Jungen Narayana erfreute, manifestierte er sich auch vor dem Brahmanen. Diese Geschichte verdeutlicht, dass Gott sich an reiner Hingabe und starkem Glauben erfreut.
Entwickelt in eurem Herzen Liebe und Mitgefühl
Erfreut Gott, indem ihr alle Handlungen für ihn durchführt. Weiht ihm euren Körper, euren Geist, eure Sinne und euren Intellekt. Wenn euer Glaube aufrichtig ist, wird Gott sich vor euch manifestieren.
Betet wo ihr auch seid zu Gott, indem ihr seinen Namen wiederholt. Gott ist in allen Wesen als Sein (sat), Bewusstsein (cit) und Glückseligkeit (ānanda) gegenwärtig. Ihr setzt euch alleine hin und wiederholt „Sairam, sairam“. Aber dabei wandern eure Gedanken zum Wäscher, weil ihr euch fragt, ob er heute eure Kleidung bringen wird oder nicht. Japa und Meditation mit einem Geist durchzuführen, über den ihr keine Kontrolle habt, ist reine Zeitverschwendung. Wahrheit, Güte, Schönheit – Satyam, Shivam, Sundaram – sind die drei Attribute Gottes in eurem Herzen. Betet aus der Tiefe eures ganzen Herzens. Entwickelt in eurem Herzen Liebe und Mitgefühl. Wenn ihr mit Liebe betet, ohne Mitgefühl zu haben, ist das sinnlos. Habt Liebe und Mitgefühl in eurem Herzen. Denkt ständig an Gott, sprecht liebevoll und vermeidet schlechte Gesellschaft und alle anderen störenden Ablenkungen.
Bhagavan beendete seine Ansprache mit dem Bhajan „Hari bhajana bina sukha shanti nahin…“
Sanathana Sarathi 08/2021. Sri Sathya Sai Baba, 10. April 1996
Intensive Sehnsucht nach Gott ist wahre Hingabe
Verkörperungen der göttlichen Liebe!
Hingabe (bhakti) bezeugt die ewige heilige Wahrheit, wie sie im tiefgründigen vedischen Lehrsatz„tat tvamasi – das bist du“ – ausgedrückt wird. Es bedeutet, dass der Devotee und Gott eins sind. Aber der Mensch vergisst diese Wahrheit und fällt vielen Krankheiten und Leiden zum Opfer. Die Leiden, die der Mensch erfährt, sind von dreierlei Art: Adibautika bezieht sich auf Krankheiten, die durch die Bindung des Menschen an die materielle Welt verursacht werden. Adidaivika umfasst die Leiden, die durch Naturkatastrophen wie Erdbeben und Überflutungen und auch Epidemien wie Cholera und Pest verursacht werden. Adyatmika bezeichnet die Leiden, die aus falscher Nahrung und schlechten Gewohnheiten entstehen.
Weltliche Wünsche verursachen Leid
Heutzutage überwiegen in der Welt Krankheiten, die mit Geist und Gemüt zu tun haben, weil der Mensch sich um viele DingeSorgen macht. Die Ursache seiner Sorgen ist seine Anhaftung an weltliche Personen und materielle Dinge. Er ist an Frau und Kinder, Besitz und Wohlstand gebunden. Diese Anhaftungen schwächen seinen Geist und erzeugen Leid. Heutzutage ist der Mensch von Sorgen überwältigt und nimmt sich diese bereitwillig zu Herzen, und als Folge davon leidet er. Nur durch Hingabe an Gott kann er sich von Leid befreien, und Hingabe kann ihn auch zur Befreiung führen. Deshalb sollte der Mensch seine Anhaftungen überwinden und Hingabe entwickeln. Weltliche Bindungen können nur zeitweiliges Glück schenken. Aber der Mensch glaubt irrtümlicherweise, weltliche Bindungen gäben ihm dauerhaftes Glück. All seine Wünsche sind die Ursache seines Leids. In Wirklichkeit sind all seine weltlichen Beziehungen und materiellen Anhaftungen die Ursache seiner Gebundenheit. Wie lange währen Wohlstand und weltliche Beziehungen? Intensive Sehnsucht nach Gott ist wahre Hingabe. Wohlstand und Ehefrau währen nicht ewig. Geld kommt und geht. Fokussiert euch deshalb nicht auf weltliche Dinge und Personen,konzentriert euch nur auf Gott.
Mit einem geläuterten Geist zu handeln ist Dharma
Ihr seid an eure Frau und Kinder gebunden. Eure Frau und eure Kinder sind nicht von Geburt an bei euch. Sie kamen im Lauf eures Lebens zu euch und werden vielleicht nicht euer ganzes Leben lang bei euch sein. Ebenso wird der Reichtum, den ihr angehäuft habt, nicht immer bei euch bleiben. Aber Gott ist immer bei euch. Gott existierte vor eurer Geburt, er ist während eurer gesamten Lebenszeit bei euch und wird sogar nach eurem Tod bei euch sein. Also ist Gott – der vor, während und nach eurem Leben anwesend ist – die Wahrheit und euer einziges Ziel. Euer Leben in dieser Einstellung zu führen ist wahre Hingabe. Eure Verbindung mit Gott ist die einzige wahre Beziehung, alle anderen Beziehungen sind unwahr. Übergebt alles Gott. Erfüllt eure Pflicht und erfreut Gott. Der Körper ist euch dazu gegeben, dass ihr durch Liebe jede Handlung (Karma) in Dharma verwandelt. Handlung geschieht durch die Hände und andere Körperorgane. Wenn ihr eure Handlungen mit Liebe ausführt, werden sie rechtschaffen und göttlich.
Ein Auto besteht aus vielen Teilen wie Motor, Tank, Batterie usw. Aber das Auto kann nur mithilfe der Batterie fahren. So ist auch der menschliche Körper eine Maschine mit vielen Organen wie Ohren, Augen, Händen usw. Aber sie alle können nur aufgrund der Kapazitätdes Geistes(mind) funktionieren. Jedes Organ des Körpers hat eine spezifische Funktion: Die Augen können nur sehen, aber nicht hören; die Ohren können nur hören, aber nicht sehen. Laut Vedanta ist der Geist (mind) die Ursache aller Erfahrungen in der Welt. Ihr seid zum Beispiel im Moment in diesem Auditorium und hört Swamis Ansprache. Aber wenn ihr nur mit euren Ohren und Augen hier seid, euer Geist aber abschweift, wird euch die Ansprache keinen Nutzen bringen. Wenn nur euer Körper anwesend, euer Geist aber abwesend ist, dann wisst ihr später nicht, was Swami in seiner Ansprache sagte. Mit einem geläuterten Geist zu handeln ist Dharma.
Der Mensch braucht Nahrung (bhukti), die seinem Körper Kraft (shakti) gibt, und Kleidung, um den Körper zu schützen. Der Mensch bezieht Energie (shakti) aus seiner Nahrung (bhukti). Durch Hingabe (bhakti) erlangt er Befreiung (mukti). Aber dafür muss er die Gebundenheit (rakti) aufgeben und Losgelöstheit (virakti) entwickeln. Im Begriff Bhakti steht bha für Herrlichkeit, Leuchten und Transzendenz. Die erste Silbe im Wort bhakti ist bha und die letzte iti. Es verweist darauf, dass Hingabe die Quelle aller Kräfte ist. Aber die Hingabe sollte rein, stetig und selbstlos sein. Deshalb sollte der Mensch sein Herz immer rein und heilig halten. Nur dann kann er Gott, Bhagavan, erreichen, der die Verkörperung der Reinheit, des strahlenden Lichtes und der Selbstlosigkeit ist.
Der Mensch sollte nur Güte und Reinheit manifestieren
Niemand sollte auf die Fehler der anderen achten. Ein kleines Beispiel dazu: Einst reiste eine japanische Dame im Zug von Tokyo nach Kyoto. Sie hatte ein Bündel schmutzige Kleidung bei sich, die in ein sauberes Tuch gewickelt war. Jemand neben ihr fragte sie: „Warum haben Sie all die schmutzigen Sachen in IhremBündel miteinem sauberen Tuch umhüllt?“ Sie antwortete: „Es wäre nicht recht, irgendjemandem schmutzige Kleider zu zeigen. Die wahre Bedeutung des menschlichen Lebens besteht darin, Güte und Reinheit zu manifestieren.“ Im menschlichen Körperbefinden sich Nerven, Knochen, Blut, Urin usw. Wären diese sichtbar, würde man Angst und Übelkeit empfinden. Deshalb hat Gott diese Teile mit einer attraktiven, schönen Haut bedeckt. So sollte auch der Mensch nicht all das Böse und Unreine ihn ihm zur Schau stellen. Stattdessen sollte er das Böse in sich läutern und sich seine Reinheit und Güte bewahren. Das beste Beispiel dafür ist Gott Shiva, der das tödliche Gift trank, das hervorkam, als die Götter und Dämonen den Milchozean quirlten. Auf diese Weise rettete er das Universum vor der Zerstörung. Das ist die Lektion, die Gott dem Menschen vermittelt: „O du törichter Mensch! Wenn irgendetwas Schlechtes und Schädliches in dir ist, dann behalte es für dichund füge anderen durch deine Worte und Taten keinen Schaden zu.“Shiva trägt die Mondsichel auf seinem Haupt, um der ganzen Menschheit Kühle und Trost zu spenden. Der barmherzige Herr gibt außerdem allen das heilige Wasser des Ganges. Dies vermittelt die Botschaft, dass Gott alles Schädliche für sich behält und alles Gute den anderen gibt, um sie zu lehren, dass man alles für den Nutzen anderer tun und geben sollte.
Ein Baby schreit bei seiner Geburt, was dazu führt, dass das Blut im Körper zu zirkulieren beginnt. Auch wenn der Mensch sein Leben mit Tränen beginnt, sollte er es in Glückseligkeit beenden. Die Bhagavadgita beginnt mit dem Elend im menschlichen Leben, schließt aber mit der göttlichen Glückseligkeit ab. Das Leben in der Welt besteht aus Gutem wie Bösem. Teilt alles Gute mit anderen. Aber leider handelt der Mensch heutzutage entgegengesetzt. Ständig entdeckt er Fehler in den anderen, anstatt seine eigenen Fehler zu erkennen und sich zu bemühen, sie zu beseitigen. Wenn wir unsere eigenen Fehler durch Selbsterforschung beseitigen, können wir auf dem spirituellen Weg vorankommen.
Fortsetzung in der nächsten Ausgabe
Quelle: Sanathana Sarathi Juli 2021
© Sri Sathya Sai Sadhana Trust – Publications Division, Prasanthi Nilayam