Sanathana Sarathi 08/2021. Rani Subramanian
Meine Tochter fragte Swami einst: „Swami, du bist so gut zu unserer Familie gewesen. Wir möchten immer dieselbe Gnade genießen. Wie können wir es erreichen, dass wir auch weiterhin deine Gnade genießen?“ Er pflegte uns sehr oft zu Interviews zu rufen, kam in unsere Zimmer und redete mit uns. Das war etwas sehr Besonderes. Swami antwortete: „Sieh, ihr bekommt nicht deshalb Gnade, weil ihr nach Puttaparthi kommt oder weil ihr meinen Darshan erhaltet. Wenn ihr euch an meine Lehren haltet, werdet ihr in den Genuss der vollkommenen Gnade (sampūrnakripā) kommen. Haltet an meinen Lehren fest, nicht an mir!“
Seht ihr, wenn wir traurig, niedergeschlagen und ärgerlich sind, können wir – was unsere spirituelle Disziplin betrifft – nicht unser Bestes tun. Er sagte: „Ihr müsst stets in fröhlicher, glücklicherStimmung bereit dazu sein, alles zu tun, und ihr müsst die Inspiration bekommen, es zu tun. Wenn ihr inspiriert seid, fühlt ihr euch gut. Das ist unbedingt nötig – immer!“
Den inneren Meister erwecken
In einem anderen Interview in PrasanthiNilayam fragte ich ihn einmal: “Swami, ich tue nichts für das Sri Sathya Sai Zentrum in Chennai. Ist das richtig oder falsch? Sollte ich als deine Devotee hingehen und meine Dienste anbieten?” Er entgegnete: “Sathya Sai! Sathya Sai! Du hast mich nicht verstanden, RaniMaa! Ich bin nicht nur Sathya Sai. Ich bin die ganze Welt. Wo immer du ein gutesWerk tust – es erreicht mich! Es ist höchste Zeit, dass du das begreifst. Warum begrenzt du mich auf Sathya Sai allein? Sei wo immer du sein willst, aber tue etwas Gutes. Wo du auch sein magst und wem immer du Gutes tun magst – Rama, Krishna oder wem auch immer – ist völlig gleichgültig. Es wird allein mich erreichen.“
Das ist etwas sehr Tiefgründiges. Die Leute begrenzen ihn auf seine physische Gestalt. Das versucht er zu ändern. Seht ihr, das ist der Grund, warum wir Enttäuschungen erleben. Wir denken: „Oh! Swami hat nicht mit mir gesprochen!“ Swami sagt: „Derjenige, der verstanden hat, dass ich der Innewohnende (antaryāmin) bin, ist wirklich weise.“ Er fragt uns: „Ich höre euch zu. Glaubt ihr es nicht?“ Obwohl wir seine Stimme nicht vernehmen, hört er doch zu. Wenn wir für ihn offen sind, wird er aus unserem Inneren zu uns sprechen. So viele Devotees haben diese Erfahrung gemacht! Es hängt von uns selbst ab, diese Bewusstseinsebene zu erreichen: „Folge mir bedingungslos. Sei dir jederzeit meiner Allgegenwart bewusst, damit du niemanden verletzt. Wenn du dir meiner Gegenwart bewusst bist, werde ich beginnen, durch dich zu handeln und dich das Richtige tun zu lassen.“ Angenommen, ich möchte zu jemandem unfreundlich sein oder bin nicht in der richtigen Geistesverfassung – bevor ich reagiere, ist mein zweiter Gedanke: „Nein! Kümmere dich um deine eigenen Angelegenheiten! Sage nichts. Sei still!“
Swami hat gesagt: „Je näher du mir bist, desto weiter werde ich physisch von dir entfernt sein!“ Das ist eines seiner Zeichen. Baba sagt: „Wenn ich dir im Geiste (spirit) nahe bin, werde ich körperlich sehr weit entfernt sein, weil du mein wahres Wesen erkannt hast. Das ist es, wofür ich gekommen bin. Meine Mission besteht in der Hauptsache darin, den inneren Meister zu erwecken. Es beginnt mit dem äußerlichen Meister, aber der äußere Meister führt dich zum inneren Meister.“
Das ist der Zweck von Swamis Mission! Da er ein Meister ist, ist es seine Pflicht, euch dahin zu führen. Er ist nicht gekommen, um euch weltliche Dinge zu geben! Er zieht euch vielmehr von der Welt ab. Er gibt euch all diese Dinge, weil ihr für das, was er euch wirklich geben will, noch nicht reif seid. Schrittweise wird er für Enttäuschungen sorgen. Und wenn ihr dieser Dinge überdrüssig seid, wird er euch alle möglichen (spirituellen) Erfahrungen schenken und dann werdet ihr sagen: „Oh! Ich will all diese Dinge gar nicht mehr. Sie bedeuten mir nichts!“ Mit Sicherheit wird er euch in diese Geistesverfassung bringen. Er wird die weltlichen Umstände für euch sehr schwierig machen. Und so werdet ihr beginnen, die Welt nicht mehr zu mögen. Ihr werdet denken: „Lieber gehe ich diesem ganzen weltlichen Leben (samsāra) aus dem Weg!“
Das ist die indirekte Art, uns Weisheit (jnāna) zu lehren. Die Welt kann uns außer Kummer, Problemen und Enttäuschungen gar nichts geben. Warum hänge ich an ihr? Diese Gedanken müssen aus dem Inneren kommen. Swami wird uns alles geben, was wir uns wünschen, aber die Welt kann uns keinen Frieden schenken. Wenn wir meinen, die Welt könne uns Frieden bringen, täuschen wir uns. Weisheit (jnāna) ist die Erkenntnis, dass die Welt uns keinen Frieden geben kann.
Es genügt, wenn ihr das verstanden habt. Dann solltet ihr beginnen, daran zu arbeiten. Swami sagte uns einmal: „Ihr braucht nicht so viel zu lesen. Lest so viel wie ihr zu eurer Inspiration braucht.“ Er verbot uns, zu viele Bücher zu lesen und erklärte dies so: „Die verschiedenen Autoren werden euch mit ihren Widersprüchlichkeiten nur verwirren. Große philosophische und intellektuelle Diskussionen sind zu nichts nütze. Wenn ihr etwas lesen wollt, lest die Lebensgeschichten der christlichen, moslemischen oder hinduistischen Heiligen. Sie sind den Weg gegangen, sie haben die spirituelle Reise gemacht. Ihr Weg ist sehr klar. Sie haben die Fallen und Hindernisse kennengelernt. Ihre Lebensgeschichten werden euch alle Probleme aufzeigen und auch, auf welche Weise sie schließlich zu guten Vorbildern wurden.“ Unter Swamis ständiger Führung müssen wir so viel wie möglich praktizieren. Doch ich finde, dass dieser Weg schwierig ist und dass wir eine weite Strecke zurückzulegen haben.
Prasanthi Nilayam – die Wohnstätte des ewigen Friedens
Einmal hatte ich in PrasanthiNilayam ein Gespräch mit einer Frau. Sie sagte, sie käme um ihrer Gesundheit willen nach Puttaparthi, sei jedoch sehr unzufrieden mit dem, was sie erhalten habe. Ich sagte: „Sie haben nicht erkannt, was Sie hier bekommen! Swami gibt Ihnen Gesundheit – spirituelle Gesundheit!“ Er hat uns einen Frieden versprochen, der jenseits von jeglichem Verstehen liegt, einen Frieden, den man aus göttlicher Liebe bezieht. Solch ein Friede ist von ewiger Dauer, von äußerlichen Umständen unbeeinflusst. Es ist kein vorübergehender Friede, der euch glücklich sein lässt, wenn jemand freundlich zu euch ist und unglücklich, wenn jemand nicht freundlich ist.
Dieselbe Wahrheit ist in unseren alten heiligen Schriften niedergelegt. In der Bhagavadgita sagt Gott, der Herr: „Derjenige ist mir wahrhaft hingegeben, der die Gegensätze transzendiert“, mit anderen Worten: jener, der von den Gegensätzen „gut und schlecht“, „Ehre und Unehre“ unberührt bleibt. Man braucht ihnen keine Beachtung zu schenken, da sie nur auf der Ebene der Täuschung existieren. Swami sagt: „Ihr schlummert alle. Ich bin gekommen, um euch aufzuwecken!“
Einmal sagte er zu mir: „RaniMaa, was mich betrifft, gibt es kein Problem. Ein Problem ist eine fehlerhafte Wahrnehmung. Du siehst etwas Unwirkliches. Du stehst über allen Problemen, bist dir dieser Tatsache aber nicht bewusst, weil du diesen Bewusstseinszustand noch nicht erreicht hast. Darum befindest du dich in dem Tagtraum, du seist dieser Körper. Alle deine Erfahrungen tragen nur zu deinem Körperbewusstsein bei. Du beurteilst jede Erfahrung von der körperlichen Ebene aus. Swami ist nicht herabgekommen, um bei Problemen zu helfen, die mit dem Körperbewusstsein zusammenhängen. Morgen mag euch eine Krankheit oder ein Unglück zustoßen – das betrifft jedoch euer Körperbewusstsein.“
Es ist eine Illusion beziehungsweise das, was wir auf Sanskrit Maya oder Moha nennen. Worin besteht diese Illusion, dieses Anhaften, auf das Swami anspielt? Nur aus Unwissenheit meinen wir, Glück oder Unglück beträfen unser wahres Selbst. Swami ist gekommen, um diese Unwissenheit auszumerzen. Er ist eine göttliche Inkarnation (avatārapurusha), kein gewöhnlicher Meister. Einst sagte Swami zu einer Gruppe von Devotees, zu der auch ich gehörte: „Glaubt nicht, dass ihr allein dadurch, dass ihr nach Puttaparthi gekommen seid, sehr glücklich sein werdet. Seid ihr aber hier siegreich, könnt ihr in jeden Teil der Welt gehen und nichts wird euch jemals etwas anhaben können. Krishna erteilte die unsterbliche Lehre der Bhagavadgita auf dem Schlachtfeld, denn das Leben ist eine Schlacht. Und was erhaltet ihr, wenn ihr als Sieger aus einer Schlacht hervorgeht? Frieden! In ähnlicher Weise werdet ihr den unvergänglichen Frieden, den zu geben ich gekommen bin, gewinnen, wenn ihr kraft der Geduld, die ihr aufgrund des Wissens erlangt habt, wer ihr in Wirklichkeit seid und was diese Welt in Wirklichkeit ist, die Schwierigkeiten transzendiert habt.“ Aus diesem Grund hat er den Ort „PrasanthiNilayam“ genannt – Wohnstätte des ewigwährenden Friedens.
Vor vielen Jahren wollte die Schwiegermutter meiner Tochter sich in PrasanthiNilayam niederlassen. Sie war eine Devotee geworden, nachdem sie uns kennengelernt hatte, und in einem der darauf folgenden Interviews mit Swami war sie auch zugegen. Bei dieser Gelegenheit äußerte sie Swami gegenüber den Wunsch, in PrasanthiNilayam zu wohnen. Daraufhin fragte Swami sie: „Warum willst du hier wohnen? Du hast zwei Söhne – bleibe bei ihnen. Wer wird sich hier um dich kümmern?“ Sie antwortete: „Swami, hier habe ich Frieden.“
Aber Swami sagte: „Nein, nein! Hier gibt es keinen Frieden. Weißt du, wo Friede zu finden ist? Im inneren Selbst. PrasanthiNilayam wird dir helfen, auf die rechte Art darum zu ringen, diesen Frieden zu finden. Um Frieden ringen musst du auch hier. Du irrst, wenn du glaubst, in deinem Leben würde sich alles automatisch ordnen, sobald du nach PrasanthiNilayam gekommen bist. Mit deinem Wissen musst du an dir selbst arbeiten. Swami gibt dir diese Weisheit, aber du musst sie in die Praxis umsetzen. Es ist so ähnlich, als würdest du eine Schule oder ein College besuchen, wo der Lehrer dir Unterricht gibt, aber nicht die Arbeit für dich tut.“
Wisst, dass er der göttliche Meister ist. Der Sinn und Zweck seiner Herabkunft liegt nicht darin, uns belanglose Dinge zu geben, obgleich er uns alles gibt, was wir uns wünschen. Einst sagte er zu mir: „RaniMaa, ich werde dir alles geben was du dir wünschst, aber das wird dir keinen Frieden schenken. Wenn du Frieden willst, bitte um den Frieden selbst. Überlasse alles Übrige mir. Sage: ‚Gott, ich wünsche mir dauerhaften Frieden, sonst nichts‘. Das ist Ergebenheit. Wahre Ergebenheit bedeutet, nichts anderes zu wollen als Frieden. Ihr rennt hinter so vielen Dingen her – Geld, Position, Macht etc. – weil ihr glaubt, sie würden euch Frieden schenken. Doch trotzdem seid ihr in Unruhe, weil es euch an Weisheit (jnāna) mangelt.“
Aus diesem Grund nennt Swami den Aschram in Puttaparthi „PrasanthiNilayam” und nicht „Sri Sathya Sai Baba Aschram”. Ihr müsst euch Mühe geben, shrama. Er kann euch dabei nur helfen und euch dahin führen, den Höhen und Tiefen effektiv zu begegnen. Alles was ihr zu tun habt ist, ihn um diese Führung zu bitten. Er warnte mich einst, indem er sagte, etwas werde schwierig sein, und dann fügte er hinzu: „Hab keine Angst. Bete zu mir: ‚Swami, lass die Prüfung nicht allzu schwer sein, es könnte sein, dass ich sie nicht bestehe‘.“ (Wie kommt es, dass er meine geheimsten Gebete kennt? Ich habe sie ihm gegenüber niemals geäußert!).
“Warum fürchtest du dich so sehr vor dem Kämpfen? Das ist verkehrt. Wenn ich dich vor eine Herausforderung stelle, gebe ich dir auch die Kraft und die Weisheit, ihr zu begegnen. Du solltest sagen: ‚Swami, prüfe mich so viel du willst, aber lass mich siegreich sein‘. Worum bittest du, wenn du in eine Schlacht gehst? Sagst du vielleicht, du willst ein Gewehr, ein Schwert und so weiter? Du sagst einfach: Ich will gewinnen! Darum bitte um diesen Frieden!“
Auf der Suche nach diesem Frieden seid ihr nach Puttaparthi gekommen. Bittet also um solchen Frieden. Aber da wir Familie und einen Hausstand haben, bereitet uns das eine oder andere hin und wieder Sorgen, und wir sind gezwungen, Swami zu bitten, diese Schwierigkeiten in Ordnung zu bringen. Manchmal antwortet Swami sofort und sorgt für Linderung, manchmal auch nicht.
Bittet jedoch stets um Dinge, die mit dem Dharma, der Rechtschaffenheit, übereinstimmen. Mit Dingen, die nicht der Rechtschaffenheit entsprechen, wird er sich überhaupt nicht befassen. Selbst im Falle von Wünschen, welchedie Grenzen des Dharma einhalten, trifft er die Wahl, ob der Wunsch zu unserer Erhebung beiträgt oder nicht, denn er ist der Meister.
In einem Interview sagte er uns einst, was immer wir uns an Gutem wünschten, würde uns gewährt werden. Doch er entscheidet, wann die richtige Zeit gekommen ist, unsere Wünsche zu erfüllen, denn er weiß, was für jeden von uns gut ist, und er kennt unsere Vergangenheit, Zukunft und Gegenwart. Auf dem spirituellen Weg ist die Geduld eine der wichtigsten Eigenschaften, und so sollten wir geduldig darauf warten, dass Swami unsere Wünsche erfüllt.
In diesem Zusammenhang kann ich von einer direkten Erfahrung sprechen. Mein Mann blieb nur äußerst ungern in Puttaparthi. Er sagte, er habe keine Beziehung zu diesem Ort und wolle den Aschram verlassen. Während eines Besuchs sagte ich in letzter Minute am Abend zu ihm: „Ich werde Puttaparthi nicht verlassen, und wenn du willst, geh und lebe bei den Kindern.“ Die ganze Nacht hindurch betete ich, es möge gut für ihn sein, in Puttaparthi zu bleiben und Swamis Aura auf sich wirken zu lassen. Ich betete zu Swami und sagte, wenn er ihn hier behalten wolle, dann stünde es in seiner Macht. Ich übergab ihm das Problem vollständig. Am nächsten Morgen sagte mein Mann zu meiner größten Überraschung, er habe beschlossen, in Puttaparthi zu bleiben. Er blieb bis zu seiner letzten Stunde im Aschram.
Überlasst ihm die Resultate
In der Bhagavadgita heißt es, der Mensch sei zum Handeln berechtigt, habe aber kein Anrecht auf das Resultat seines Handelns. Das Resultat liegt in Seinen Händen, es entzieht sich unserer Kontrolle. Es ist also das Beste, ihm das Resultat zu überlassen, damit er uns die Früchte unseres Tuns im richtigen Augenblick zukommen lässt.
Die Botschaft, die Swami uns vermittelt, ist diese: „Wenn ihr nach Puttaparthi kommt, werdet ihr vielen Leuten begegnen, guten und schlechten. Den einen Tag mögt ihr eine gute Unterkunft bekommen, den nächsten Tag vielleicht eine unbequeme. Doch diese Dinge sollten euch nicht berühren. Ihr seid wegen eurer Reise nach innen in den Aschram gekommen. Sucht den Frieden nicht außen. Er ist in euch. Schaut also nach innen. Solltet ihr glauben, in Puttaparthi gäbe es den Frieden umsonst, bedeutet das nur, dass ihr nicht verstanden habt, worum es geht. Es geht um die Weisheit, Jnana, um das Wissen, das ihr kennen solltet.“
Unser Kopf (mind) spielt uns manchmal Streiche, aber er kann uns auch zur Weisheit verhelfen. Deshalb müssen wir unseren Geist (mind) trainieren. Das ist es, wovon beim Weg des Handelns (karmayoga) die Rede ist. Nachdem man seinen Geist beherrschen gelernt hat, kann man zum Weg der Weisheit (jnānayoga) weitergehen und dann zum Weg der hingebungsvollen Gottesliebe (bhaktiyoga). Bis dahin ist unsere Hingabe noch nicht vollkommen. Hingabe ist erst dann vollkommen, wenn wir Weisheit besitzen. Das wird auch in der Bhagavadgita hervorgehoben. Mit Weisheit (jnāna) muss man Meditation (dhyāna) praktizieren, und durch Meditation muss man die Einstellung entwickeln, den Früchten seines Tuns zu entsagen (phalatyāga).
Unser Gewissen erwecken
In Whitefield sagte Swami einst: „RaniMaa, ich bin gekommen, um den inneren Meister zu erwecken. Mache dich nicht von einem äußeren Meister abhängig. Bete so zu mir: ‚Swami, bitte werde du zu meinem inneren Meister. Sage mir in meinem Inneren, was ich tun soll, und ich werde es tun.‘ Dann werde ich dich mit Sicherheit von deinem Inneren aus führen.“ Es sollte kein „mich“ und „mein“ geben. Alles sollte vollständig Swami gehören. In dem Augenblick, wodas Gefühl von „ich“ und „mein“ aufkommt, haben wir bereits den Bereich der Illusion betreten.
Swami sagt: „Es darf keine Vorlieben und Abneigungen geben. Das Duo von Zuneigung und Ablehnung (rāga und dvesha) sollte transzendiert werden.“ Gleich, ob uns jemand lieb ist oder nicht – wir sollten jeden lieben. Wir sollten wissen, dass jener Mensch aufgrund des Körperbewusstseins aus Unwissenheit handelt und als jemanden, der das Atma-Prinzip noch nicht verstanden hat,bedauern. Wir müssen Mitgefühl haben und für solche Menschen beten. Wir sollten wissen, dass Swami jedem Lebewesen innewohnt und darum niemanden verletzen.
Wir sollten uns nicht vergleichen und niemanden beurteilen. Wenn wir das tun, handeln wir uns Kummer ein. Wenn wir diesen Weg beschreiten, wird nicht einmal Swami uns helfen, weil es der falsche Weg ist. Als ich einmal zu ihm sagte: „Swami, ich möchte eine gute Devotee sein“, entgegnete er: „Das ist ganz einfach. Alles was du tun musst, ist mir zu gehorchen. Bücher oder (heilige) Schriften können dir nicht helfen. Nur der Meister kann dich auf dem spirituellen Pfad führen.“ Dem Meister gehorsam zu sein ist eine sehr wichtige Eigenschaft des spirituellen Aspiranten. Das kann jemanden sehr weit bringen. Es geht nicht an, dass wir Swami in manchen Dingen gehorchen und in anderen unsere eigenen Entscheidungen treffen. Die Ergebenheit Swami gegenüber muss vollständig sein. Er hat versprochen uns Befreiung zu gewähren, wenn wir diese Art von Ergebenheit praktizieren. Befreiung ist nichts anderes als sich von Körperbewusstsein und Ego zu befreien. Die Gefühle von „ich“ und „mein“ machen das Ego aus.
Die Bhajan-Lektion
Zwei Jahre nachdem Swami nach PrasanthiNilayam umgezogen war, wohnten wir noch im Alten Mandir und pflegten zu den Bhajans nach PrasanthiNilayam zu gehen. Bei einer Gelegenheit hieß er uns während der Bhajans mit dem Singen aufzuhören. Ich saß sehr nahe bei ihm. Swami schaute mich an und fragte: „Singst du?“ Ich bejahte es und fügte hinzu, dass ich keine Karnataka-, sondern nur Hindustani-Lieder kenne. Es war mir nicht bekannt, dass er nur Thyagaraja-Lieder (die in Karnataka-Musik wurzeln) und Ähnliches liebte. Aber er sagte: „Das macht nichts. Sing einen Bhajan!“ Und so begann ich einen Bhajan zu singen, der mir in dem Augenblick in den Sinn kam.
Als icham nächsten Tag wieder dort war, wollte Swami, dass ich denselben Bhajan noch einmal sänge. Am dritten Tag war es nicht anders. Ich war ein wenig verstimmt, denselben Bhajan noch einmal zu singen, denn ich schenkte seinem Inhalt keine Beachtung. Darum fragte ich Swami vor allen Anwesenden: „Swami, ich kenne viele Bhajans. Soll ich einen anderen singen?“ Er entgegnete: „Nicht nötig! Ich will, dass du nur diesen Bhajan singst.“ Wir können ihn niemals von selbst verstehen. Er muss sich uns offenbaren. Der Versuch ihn zu verstehen ist so als wolle man versuchen, die Sandkörner am Strand zu zählen.
Nach ein paar Tagen rief er einige Frauen nach oben, die sein Zimmer putzen sollten.Etwa fünf von uns gingen hinauf und während ich mit Putzen beschäftigt war, hörte ich ihn „Rama NamaJapanaaree…“ singen – denselben Bhajan, um den er mich vor einigen Tagen gebeten hatte. Ich war ein wenig verwundert und fragte mich im Stillen: „Ich habe genug von diesem Bhajan. Warum langweilt er mich andauernd mit demselben Bhajan?“ Ich drehte mich um und schaute ihn an. Mein Gesicht war ein einziges Fragezeichen. Er sagte: „Du wunderst dich, warum ich denselben Bhajan singe, nicht wahr? Ich singe ihn immer wieder, denn er enthält die Essenz des Wissens. Wenn du dir dieses Wissen zu Eigen machst, gibt es nichts mehr, was du noch zu tun hättest. Du hättest dein spirituelles Ziel erreicht.“ Bis dahin war mir nicht bewusst gewesen, dass ich nicht auf den tieferen Sinn dieses Bhajans geachtet hatte. Damals war es mir nicht bewusst, aber später begriff ich, dass Swami mir die großartige und profunde Lehre dieses Bhajans nahebringen wollte. Die Worte dieses Bhajans betonen das Prinzip der Nichtzweiheit (Advaita), auf das Swami mich aufmerksam machen wollte. Der tiefere Sinn ist wichtiger als der richtige Rhythmus! Der Wortlaut dieses Bhajans ist folgender: „Singe stets RamasNamen, oh Mensch!Solange du atmest, gehört dir dieser Platz. Solange du atmest, sagst du ‚mein Geld‘, ‚mein Haus‘, usw. Aber sobald der Atem aufhört, gehört dir nichts mehr!“
Dann heißt es weiter: „Mutter, Vater, Kinder, Verwandte usw. sind nichts als deine Einbildung, Kalpana. Die ganze Schöpfung ist nichts als Einbildung. Sie ist eine Projektion deines Geistes und existiert nicht wirklich. Sie ist eine Illusion. Alle Beziehungen existieren, aber sie sind von relativer Wirklichkeit, nicht von absoluter. Du spielst nur eine Rolle.“ Kalpana bedeutet: Du bildest dir eine Rolle ein und spielst sie. Sie ist nicht die Wahrheit. Weiter heißt es: „Du wirst deine Verwandten verlassen müssen. Am Ende ist es nur ein Traum.“ Mit „Ende“ ist nicht gemeint, dass man es nach dem Tod erkennt. Ich brauchte eine Weile, um das zu verstehen. Er sagte: „Du wirst aus diesem Tagtraum erwachen, wenn du erkennst, dass das Leben ein Traum ist.“ Der Traum ist nicht immer da. Wenn du erwachst, ist der Traum vorbei.
Desgleichen hört der Traum auf zu sein wenn wir zu unserem wahren Selbst erwachen. Swami sagt: „Erwache zu deinem wahren Selbst, und die Welt, die dir zu schaffen macht, wird aufhören zu sein.“ Ich brauchte eine längere Zeit, um dieses Lied vollständig zu verstehen. Nun wiederhole ich es, wo immer ich zum Sprechen aufgefordert werde. Es enthält die Essenz dessen, was Swami mich zwei, drei Jahre nachdem ich nach Puttaparthi gekommen war, lehrte. Ich kam 1950 hierher. Das ist also schon über ein halbes Jahrhundert her. Dieses Lied muss ich etwa 1954 gesungen haben. Es hat mich viel spirituelle Disziplin (sādhana) gekostet, in mich zu gehen und es wirklich vollkommen zu verstehen.
(Fortsetzung folgt)
Mit freundlicher Genehmigung: Sri Sathya Sai Media Centre
– Die Verfasserin, fast 60 Jahre lang eine hingebungsvolle und engagierte Devotee, kam bereits 1950 zu Bhagavan Baba, der sie „RaniMaa“ nannte. Ihr Leben war eine Schatztruhe voll glanzvoller Erfahrungen mit Swamis Göttlichkeit.
Quelle: Sanathana Sarathi August 2021
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